Indes sitzen noch zahlreiche Zivilisten in Tunneln auf dem Werksgelände fest. Dem Bürgermeister von Mariupol, Wadym Boitschenko, zufolge handelt es sich um etwa 200 Menschen. Palamar forderte, “sofort” zu versuchen, sie in Sicherheit zu bringen. Bei den Bombardements, die dem Angriff vorausgingen, seien zwei Frauen getötet und etwa zehn weitere Zivilisten verletzt worden.Im Laufe des Mittwochs berichtete Boitschenko von “heftigen Kämpfen” auf dem Gelände. Der Kontakt zu den ukrainischen Soldaten im Asow-Werk sei abgerissen, sagte Boitschenko im ukrainischen Fernsehen. Die Behörden wüssten deshalb nicht, ob die dortigen ukrainischen Soldaten “sicher sind oder nicht”. Dem Abgeordneten David Arachamia zufolge drangen russische Truppen am Mittwochnachmittag auf das Gelände des Stahlwerks vor. Laut Arachamia stehe man jedoch in Kontakt mit den Verteidigern.Prorussische Separatisten aus der “Volksrepublik” Donezk veröffentlichten entgegen der Behauptungen des Kremls, es gebe keinen Großangriff, Videomaterial ihrer Aktivitäten rund um das Stahlwerk. Neben mehreren Panzern sind darauf auch zahlreiche Explosionen sowie starke Rauchentwicklung über der Anlage zu sehen.
Rettungsaktion am Mittwoch geplant
► Mögliche Rettungsaktionen: Dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zufolge bereitet man im Laufe des Mittwochs weitere Rettungsaktionen aus Mariupol vor. “Das ist kompliziert. Aber wir brauchen sie alle”, sagte der Präsident mit Blick auf die eingeschlossenen Menschen. Die ukrainische Vizepremierministerin Iryna Wereschtschuk formulierte es zurückhaltender: Es sei eine Evakuierungsaktion geplant, “wenn die Sicherheitslage es zulässt”.Als Treffpunkt für den Transport nannte die Gebietsverwaltung von Saporischschja in der Nacht ein großes Einkaufszentrum im Westen von Mariupol. Es liegt aber mehrere Kilometer entfernt vom Stahlwerk Asowstal. “Die Evakuierung findet mit Unterstützung der UN und des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz statt”, teilte Gouverneur Oleksandr Staruch auf Telegram mit.Das russische Militär kündigte am Mittwochabend die Einrichtung von humanitären Korridoren aus dem belagerten Stahlwerk an. Diese würden von Donnerstag bis Samstag von 7 Uhr bis 17 Uhr (MESZ) gelten, um Zivilisten ein Verlassen des Geländes zu ermöglichen. Die russischen Truppen würden während dieser Zeit ihre militärischen Aktivitäten einstellen und sich in eine sichere Entfernung zurückziehen.
Erfolgreiche Evakuierung am Dienstag
Bereits am Dienstagabend konnten bei Evakuierungen der UN und des Roten Kreuzes insgesamt 156 Zivilisten aus der Anlage des Stahlwerks und anderen Teilen von Mariupol ins ukrainisch kontrollierte, rund 230 Kilometer weiter nordwestlich gelegene Saporischschja gebracht werden. Der Präsident zeigte sich erleichtert: “Endlich sind diese Menschen in völliger Sicherheit”, sagte er in seiner Videobotschaft vom Dienstagabend in Kiew. Die Evakuierung sei unter großen Mühen, mit langen Verhandlungen und der Hilfe verschiedener Vermittler vorbereitet worden.