Das soll nie wieder passieren. Und so bemüht sich Baerbock darum, die Länder, die damals den Krieg nicht verurteilten, in ihr Lager zu holen. Kanzler Scholz sieht dieselbe Notwendigkeit, nur hat er weniger Zeit für diese Aufgabe als Baerbock.
“Putins Krieg?” Baerbock sagt es anders als Scholz
Ob eine deutsche Außenministerin es wirklich erreichen kann, die internationale Koalition gegen Russland bedeutend auszuweiten, ist eine gänzlich offene Frage. Aber Baerbock versucht es mit vielen Mitteln.Die andere Aufgabe lautet, die mehr oder weniger geeinte Front in Europa zusammenzuhalten. Am Tag nach dem Marokko-Besuch ist Baerbock in Dänemark, zu Gast bei Freunden. Sie betont das beim Besuch im Außenministerium in Kopenhagen. Als sie mit ihrem Amtskollegen in einem dunklen Raum vor die Presse tritt, tut sie so, als seien die Grenzkontrollen der Dänen, die die Pendelei behindern, quasi das einzige Problem mit dem Nachbarn. Stimmt so natürlich nicht.Dänemark würde wegen des Krieges allzu gern keine russischen Touristen mehr ins Land lassen. “Es muss deutlich gemacht werden gegenüber Putin, welche Einstellung wir haben”, sagt der Außeminister Jeppe Kofod. Dieser Streitpunkt dominiert das Außenministertreffen in Prag in dieser Woche. Die deutsche Bundesregierung sieht das anders – aber wie anders wirklich?Baerbock, Scholz beim Petersberger Klimadialog im Juli: Anfangs Reibereien und Misstöne. (Quelle: IMAGO/Janine Schmitz)Bundeskanzler Scholz hatte dieses Ansinnen, das vor allem mehrere osteuropäische Länder verfolgen, eher brüsk abgebügelt. “Es ist Putins Krieg”, sagte er kürzlich bei seiner Sommerpressekonferenz in Berlin, nicht der Krieg der Russen. Basta.Baerbock sieht es gar nicht so anders als der Kanzler, nur spricht sie anders über das Problem. Unterschiedliche Länder betrachten das aus unterschiedlichen Blickwinkeln, sagt sie, gerade für die sich bedroht fühlenden Nachbarländer Russlands sei die Freizügigkeit schwer zu ertragen. Seit einigen Tagen nimmt der Kanzler dieses Argument auch auf. Natürlich bestimmt am Ende der Bundeskanzler die Richtlinien der Politik, aber so herum kann es eben auch einmal laufen.
Jetzt kommt China
Mehr als ihre Schlagworte einer wertebasierten Außenpolitik oder feministischen Außenpolitik sind es deshalb ihre Russland-Politik und ihre Russland-Rhetorik, die Baerbocks Amtszeit bislang definieren.Anfangs sorgte das für Reibereien und Misstöne zwischen ihr und der SPD, die sich lange über eine andere Haltung gegenüber Moskau definiert hatte. Da lästerten die Genossen über Baerbock, die sich vor schwierigen Gesprächen drücke. Das hört man so kaum noch in Berlin.Doch eine Fortsetzung winkt bei der kommenden Auseinandersetzung über die neue deutsche China-Politik. Baerbock vertritt hier die klare Haltung, dass Deutschland klarere Grenzen ziehen müsse. Ihre Russland-Rhetorik überträgt sie bisweilen auch auf Peking, was dort gar nicht gern gehört wird.